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Schneegedanken (German Writing)

Schneegedanken
(German Writing)
Standing Still, Waiting For The Time To Disappear
Manchmal, wenn es schneit und still ist, so still in der Welt, ist der Winter so schön, dass es mir im Inneren fast schon weh tut. Dann stehe ich da, bewege mich nicht und will weder vor-, noch zurückgehen. Am liebsten würde ich nie wieder einen Schritt gehen, noch von hier fort. Ich hänge in der Schwebe, zwischen den Sekunden, und mein Blick will für einen Moment nichts so richtig greifen. Wenn ich schließlich doch aufbreche, durch die verschneite, einsame Winterlandschaft hindurchfahre, weiß ich nicht, ob ich nun guter oder schlechter Dinge bin. Vielleicht fühlen sich diese Abschiede so an, als würde ich einen geliebten Menschen zurückzulassen. Auch wenn ich davon eigentlich gar nichts wissen kann. Schön, wenn es einmal so viel Schnee hat, sage ich im Hinausgehen zu einer netten Bäckersfrau, die ich wohl nicht wiedersehen werde, weil ich hier ebenso wenig zuhause bin, wie ich irgendwo zuhause bin. Und doch empfinde ich diese Worte persönlicher, als die wenigen anderen, die mich in den vergangenen Wochen und Monaten verlassen haben. Vielleicht, weil ich jetzt ein anderer bin, und davon weiß. Wenn ich schließlich weiterfahre, mit der Musik an meiner Seite, und spüre, dass da noch etwas in mir ist, das mich immer seltener lächeln lässt, frage ich mich, ob ich mich nicht besser hätte totfahren sollen. Irgendwann. Irgendwo. In der Vergangenheit. Auch wenn ich dann jetzt nicht mehr wäre, oder vielleicht gerade deshalb. Weil man doch eigentlich nichts von dem, das allem inne ist, je zu greifen bekommen wird. Vor den Augen, und doch nie nahe genug. Ist es nun Fluch oder Segen so zu sein, die Welt auf diese Weise zu sehen?

2020/12/29, Ein Jahr in Gedanken.
Schneegedanken (German Writing)
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